Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen Land Baden-Württemberg wegen sauberer Luft in Reutlingen – Ohne Fahrverbote trotz Änderung des Gesetzes keine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung

Deutsche Umwelthilfe klagte auf schnellstmögliche Einhaltung des StickstoffdioxidGrenzwerts – Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt bereits die angekündigte Änderung des BImSchG – Fahrverbote trotzdem erforderlich – Zufahrtsbeschränkungen für DieselPkw zur Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts bleiben die letzte wirksame Maßnahme.

Mannheim, 19.3.2019: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat am gestrigen Abend der Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land Baden-Württemberg (DUH) für saubere Luft in Reutlingen stattgegeben (10 S 1977/18). Das Land ist verurteilt worden, den für Reutlingen geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass der Grenzwert für Stickstoffdioxid schnellstmöglich eingehalten wird. Das Gericht hat klargestellt, dass die vom Land und der Stadt Reutlingen vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, um den Grenzwert ohne Berücksichtigung von Fahrverboten schnellstmöglich einzuhalten. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es in seiner Entscheidung berücksichtigen wird, dass das Bundes-Immissionsschutzgesetz geändert wird. Obwohl die Änderung formell noch nicht gültig ist, werde man vorsorglich das Urteil so treffen als wäre die Novelle des Gesetzes bereits in Kraft getreten, so das Gericht in der Verhandlung. Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „ 
 
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, sagt: „Das Urteil hat Grundsatzcharakter. Dies betrifft insbesondere die in der letzten Woche durch den Bundestag verabschiedete Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Da der Verwaltungsgerichtshof die Revision zugelassen hat, ist davon auszugehen, dass die Gegenseite dieses Verfahren zum Präzedenzfall für Dieselfahrverbote in Deutschland machen wird.“
 
Die Urteilsbegründung des Gerichts liegt noch nicht vor.
 
Hintergrund:
 
Bereits 2014 entschied das Verwaltungsgericht Sigmaringen, dass der Luftreinhalteplan der Stadt Reutlingen zur Verbesserung der Luftqualität fortgeschrieben werden muss. Die Änderungen des Luftreinhalteplans brachte bisher jedoch keine Einhaltung des NO2-Grenzwerts. Deshalb reichte die DUH im März 2018 erneut Klage ein. 2018 ermittelte die offizielle Messstation in Reutlingen einen NO2-Jahresmittelwert deutlich oberhalb des erlaubten Grenzwerts von 40 µg/m³. An der Messstation Lederstraße-Ost wurden 53 µg NO2/m³ gemessen. Damit ist der NO2-Wert im Vergleich zu 2017 zwar gesunken, die Prognosen zeigen jedoch auch für die kommenden Jahre deutlich zu hohe NO2-Werte. Wie der aktuell gültige Luftreinhalteplan für Reutlingen darlegt, sind Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge die am schnellsten wirksame Maßnahme, um den NO2-Grenzwert einzuhalten. Ohne solche Verkehrsbeschränkungen wird der Jahresmittelwert selbst im Jahr 2020 noch nicht überall im Stadtgebiet eingehalten werden.
 
NO2 ist gesundheitsschädigend. Die Europäische Umweltagentur EEA hat im Oktober 2018 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung mit jährlich 13.100 vorzeitigen Todesfällen allein in Deutschland beziffert. Schmutzige Diesel-Pkw tragen außerdem wesentlich zu mehr als 800.000 jährlichen Neuerkrankungen an Diabetes und Asthma bei. Das Umweltbundesamt hatte mit einer neuen Studie über die Gesundheitsfolgen des Dieselabgasgiftes NO2 verdeutlicht, dass bereits bei Konzentrationen deutlich unterhalb des Grenzwertes mit 437.000 Neuerkrankungen an Diabetes Mellitus und 439.000 Asthmaerkrankungen zu rechnen ist.
 
Derzeit führt die DUH Verfahren für „Saubere Luft“ in 35 Städten.


Ein Projekt von
Partner: Deutsche Umwelthilfe
Partner: Frank Bold
Finanziert durch
Partner: Life

Bestellen Sie unseren Newsletter