Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg: Verhalten der Landesregierung widerspricht der Rechtstaatlichkeit – Deutsche Umwelthilfe fordert Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und Euro 5-Diesel-Fahrverbote in ganz Stuttgart

Im Klageverfahren für die „Saubere Luft“ in Stuttgart hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim die Begründung seines Beschlusses zur Vollstreckung von Euro 5Fahrverboten vorgelegt und die Beschwerde der Landesregierung Baden-Württemberg zurückgewiesen – VGH verweist auf ein ‚der Rechtsstaatlichkeit widersprechendes Vorgehen der Landesregierung‘ – Angekündigte Vollstreckungsabwehrklage des Landes bliebe laut VGH erfolglos – Deutsche Umwelthilfe fordert Landesregierung auf, zonale Fahrverbote für Euro 5 Diesel in Luftreinhalteplan aufzunehmen – Land muss rechtskräftiges Urteil schnellstmöglich umsetzen – DUH würde als nächsten Schritt weitere Vollstreckungsmaßnahmen einschließlich der Zwangshaft gegen die verantwortlichen Politiker beantragen

Berlin/Stuttgart,10.7.2019: Im Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Landesregierung Baden-Württemberg für die „Saubere Luft“ in Stuttgart hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim (VGH) die Beschwerde der Landesregierung gegen den Beschluss vom 26. April 2019 zurückgewiesen. Die Begründung des Beschlusses liegt seit gestern vor. Das durch die Landesregierung vorgestellte Konzept entspreche nicht den Anforderungen an eine Erfüllung der rechtskräftigen Verpflichtungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2017. Der VGH Mannheim findet deutliche Worte und macht klar, dass die Weigerung der Landesregierung, seiner Verpflichtung, dem bereits seit 2018 rechtskräftigen Urteil nachzukommen, der Rechtsstaatlichkeit widerspricht. Zudem stellt der Beschluss fest, dass eine Vollstreckungsabwehrklage erfolglos bliebe. 
 
Die DUH hat die Landesregierung daher am gestrigen Abend aufgefordert, bis zum 26. Juli 2019, 12.00 Uhr, zu erklären, dass der Luftreinhalteplan unverzüglich fortgeschrieben und das rechtskräftige Urteil erfüllt werde. Demnach müssen zonale Fahrverbote für Euro 5-Diesel in den Luftreinhalteplan aufgenommen und schnellstmöglich umgesetzt werden. Nur mit zonalen Fahrverboten einschließlich Euro 5 lässt sich die Stickstoffdioxid (NO2)-Belastung im geforderten Maß schnellstmöglich reduzieren. Nach dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts von Februar 2018 ist der NO2-Jahresmittelwert von 40 µg/m³ spätestens in 2019 einzuhalten und alle dafür erforderlichen Maßnahmen, einschließlich Fahrverbote, sind dazu zu ergreifen. Ab dem 1. September 2019 sind zonale Fahrverbote für Euro 5 Diesel möglich.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Was kann das höchste Gericht BadenWürttembergs der Landesregierung schlimmeres attestieren als dass sich diese ‚in einer dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit widersprechenden Weise‘ weigert, einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nachzukommen. Ich fordere Ministerpräsident Kretschmann dazu auf, diese Warnung aus Mannheim ernst zu nehmen und auf den Boden von Recht und Gesetz zurückzukehren und die flächendeckenden Euro 5 Diesel-Fahrverbote bis Ende dieses Jahres in Kraft zu setzen. Es verbleiben nun nur noch wenige Monate für die betrügerischen Autokonzerne, von denen gleich mehrere im Ländle ihren Sitz oder einen Produktionsstandort unterhalten, den von Fahrverboten betroffenen Diesel-Fahrzeughaltern die nicht funktionierende Abgasreinigung ihrer Pkw durch eine Hardware-Nachrüstung zu reparieren. Wann endlich fordert der grüne Landesvater die Autokonzerne dazu auf, den Stuttgarter Dieselbesitzern unbürokratisch zu helfen, dass von Fahrverboten betroffene Euro 5 Diesel-Pkw bis Ende 2019 entweder nachgerüstet oder die Kaufverträge wegen vorsätzlichen Betrugs rückabgewickelt und die Betroffenen den Kaufpreis ohne Abzug ersetzt bekommen? Stadt und Land haben die Verpflichtung, ihre eigenen Kommunal-, Landesfahrzeuge und Busse endlich nachzurüsten.“


Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt: „Wir haben das Land dazu aufgefordert, uns bis zum 26. Juli 2019 zu erklären, dass eine unverzügliche Fortschreibung des Plans vorgenommen wird, die über das bisher vorgestellte Konzept hinausgeht und eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung im gesamten Stadtgebiet erwarten lässt. Für den Fall, dass wir keine zufriedenstellende Antwort erhalten, werden wir weitere Vollstreckungsmaßnahmen einleiten. Da nun schon mehrere Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen erfolglos geblieben sind, sind alle Voraussetzungen erfüllt, die das Bundesverfassungsgericht für die Verhängung von Zwangshaft aufgestellt hat. Wir haben gehofft, dass wir in Baden-Württemberg ohne diesen Antrag auskommen. Das Verhalten der Landesregierung lässt uns dann aber keine andere Wahl. Andernfalls verliert der Rechtsstaat seine Glaubwürdigkeit.“


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