Deutsche Umwelthilfe kündigt neue Klagen für „Saubere Luft“ in Schleswig-Holstein (Kiel), Niedersachsen (Hannover) und Sachsen-Anhalt (Halle) an

Bund und Länder verweigern den belasteten Städten wirksame Maßnahmen zur Einhaltung der Luftqualitätswerte für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) – Umweltverbände klagen damit gegen zehn der 16 Bundesländer auf wirksame Maßnahmen wie Fahrverbote für schmutzige Dieselfahrzeuge – Fahrverbote für schmutzige Diesel-Fahrzeuge sind die einzig wirksame Maßnahme, um rechtskonform in 2018 „Saubere Luft“ in unseren Städten zu erreichen

Berlin, 9.11.2017: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wird neue Klagen auf Einhaltung der Luftqualitätswerte für Stickstoffdioxid in Niedersachsen (Hannover), Schleswig-Holstein (Kiel) und Sachsen-Anhalt (Halle) vor den zuständigen Verwaltungsgerichten einreichen. In allen drei Städten wird der zulässige Grenzwert von 40 µg/m3 Stickstoffdioxid (NO2) im Jahresdurchschnitt seit Jahren deutlich überschritten. Kiel ist mit einem Wert von 65 µg/m3 auf Platz vier der schmutzigsten Städte Deutschlands. Auch Hannover (55 µg/m3) und Halle (Saale) (45 µg/m3) überschreiten den NO2-Grenzwert, der bereits seit 2010 gilt, erheblich. Die für die Luftreinhaltung zuständigen Behörden sollen mit den Klagen dazu bewegt werden, die aktuell vorliegenden beziehungsweise in Überarbeitung befindlichen Luftreinhaltepläne derart fortzuschreiben, dass die NO2-Grenzwerte „schnellstmöglich“, das heißt bereits im Jahr 2018 eingehalten werden. 

42 weitere Städte mit zu hohen NO2-Jahresmittelwerten hat die DUH in einem Schreiben aufgefordert, die Identifikation der betreffenden Straßen und Zonen für Verkehrsbegrenzungen so vorzubereiten, dass Diesel-Fahrverbote nach abschließender Klärung der Rechtslage unmittelbar in Kraft treten. Sollten diese vorbereitenden Schritte nicht eingeleitet werden, behält sich die DUH auch in diesen Fällen Klagen vor den zuständigen Verwaltungsgerichten vor.

Die DUH klagt bereits in 16 Städten für saubere Luft. In der Hälfte der Fälle liegen bereits Entscheidungen vor, alle Verfahren wurden von der DUH gewonnen. Gerade die letzten drei Entscheidungen in Düsseldorf, München und Stuttgart bestätigen, dass Diesel-Fahrverbote das einzig wirksamste Mittel sind, um kurzfristig bereits ab 2018 die Einhaltung der Luftqualitätswerte sicherzustellen.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Seit sieben Jahren zeigen die Regierungspolitiker ein großes Herz für Dieselstinker und verweigern gleichzeitig den Bürgern ihr Recht auf saubere Luft. Wir brauchen auf Bundesebene endlich eine ‘Blaue Plakette‘ für saubere Diesel-Fahrzeuge ab Euro 6d. Und auf Landesebene brauchen wir die kurzfristige Umsetzung der Diesel-Fahrverbote. Dass diese rechtlich möglich und auch notwendig sind, haben die Gerichte in Düsseldorf und Stuttgart bereits entschieden.

Nach Angaben der Europäischen Umweltbehörde (EEA) gehen allein in Deutschland jährlich 12.860 vorzeitige Todesfälle auf die Belastung der Luft mit NO2 zurück. Das sind fast viermal so viel wie durch Verkehrsunfälle ums Leben kommen.

Die rechtliche Situation ist eindeutig“, sagt Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in den genannten Fällen vertritt. „Die Städte sind verpflichtet, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Grenzwerteinhaltung sicherzustellen. Sie müssen dies schon seit sieben Jahren. Verwaltungsgerichte in München, Düsseldorf und Stuttgart haben klar dargelegt, dass man dazu auf Dieselfahrverbote nicht verzichten kann.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat am 13. September 2016 ebenso wie das Verwaltungsgericht Stuttgart am 26. Juli 2017 geurteilt, dass Diesel-Fahrverbote die derzeit einzige Maßnahme sind, die zur schnellen Grenzwerteinhaltung führt. Beide Verfahren wurden per Sprungrevision an das Bundesverwaltungsgericht übersendet, das am 22. Februar 2018 über die Revision zum Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf entscheiden wird.

Dass die Durchsetzung geltenden Rechts auf dem Klageweg erst durch einen gemeinnützigen Umweltschutzverband passieren muss, ist ein Institutionen- und Demokratieversagen erster Güte“, sagt Jürgen Resch weiter. „Die Politik hat bisher vor der Automobilindustrie kapituliert und opfert ihr den Umwelt- und Verbraucherschutz sowie die Gesundheit der Bürger. Es ist hochnotpeinlich, dass deutsche Regierungspolitiker von Verwaltungsrichtern daran erinnert werden müssen, dass der Schutz der Gesundheit höchsten Verfassungsrang genießt.“ 

Hintergrund:

Insgesamt wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2016 die gesetzlichen Grenzwerte für NO2 in 90 Städten überschritten, in 61 davon um mehr als 10 Prozent. Gegen folgende Städte beziehungsweise gegen die folgenden zuständigen Landesbehörden hat die DUH zusätzlich zu den bereits laufenden 16 Klagen Anträge beziehungsweise Klagen eingeleitet:

Kiel (65 μg/m3), Düren (60 μg/m3), Heilbronn (57 μg/m3), Backnang (56 μg/m3), Hannover (55 μg/m3), Esslingen am Neckar (54 μg/m3), Ludwigsburg (53 μg/m3), Hagen (51 μg/m3) , Dortmund (51 μg/m3), Bochum (50 μg/m3), Paderborn (50 μg/m3), Oldenburg (Oldb) (50 μg/m3), Mühlacker (49 μg/m3), Ravensburg (49 μg/m3), Herrenberg (49 μg/m3), Wuppertal (49 μg/m3), Bielefeld (49 μg/m3), Tübingen (48 μg/m3), Siegen (48 μg/m3), Oberhausen (48 μg/m3), Osnabrück (48 μg/m3), Leinfelden-Echterdingen (47 μg/m3), Leonberg (47 μg/m3), Pleidelsheim (47 μg/m3), Marburg (47 μg/m3), Hürth (47 μg/m3), Mannheim (46 μg/m3),  Nürnberg (46 μg/m3), Ludwigshafen am Rhein (46 μg/m3), Augsburg (46 μg/m3), Halle (Saale) (46 μg/m3), Leverkusen (45 μg/m3), Herne (45 μg/m3), Witten (45 μg/m3), Neuss (45 μg/m3), Mülheim an der Ruhr (45 μg/m3), Dresden (45 μg/m3), Heidenheim an der Brenz (44 μg/m3), Kuchen (44 μg/m3), Norderstedt (44 μg/m3), Schwerte (44 μg/m3), Gießen (44 μg/m3), Hildesheim (44 μg/m3), Mönchengladbach (44 μg/m3). Die DUH hat zudem bereits im März 2017 ein formales Verfahren gegen Leipzig (42 μg/m3) eingeleitet. (Quelle für die Daten: Umweltbundesamt).Bereits im Juni 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der anhaltenden Grenzwertüberschreitung sowie nicht ausreichender Gegenmaßnahmen eingeleitet. 

Die DUH-Aktivitäten für saubere Luft sind Teil des Projekts „Right to Clean Air“. 

Links:

DUH-Hintergrundpapier „Klagen für saubere Luft“ finden Sie aktualisiert ab ca. 10 Uhr am 9.11.2017 online unter www.duh.de/themen/luftqualitaet/recht-auf-saubere-luft/

Kontakt:


Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

Prof. Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte

0171 2435458, klinger@geulen.com

DUH-Pressestelle:

Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de

www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe


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