„Saubere Luft“ für Darmstadt: Deutsche Umwelthilfe, ökologischer Verkehrsclub VCD und Land Hessen einigen sich auf Maßnahmenpaket

Deutsche Umwelthilfe und VCD begrüßen konstruktive und erfolgreich verlaufende Vergleichsverhandlung mit dem Land Hessen zur Vereinbarung eines rechtswirksamen Maßnahmenkatalogs für „Saubere Luft“ in Darmstadt – Diesel-Fahrverbote auf der Hügel- und Heinrichstrasse zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts kommen zum 1. Juni 2019 und werden durch Verringerung des innerstädtischen Autoverkehrs flankiert – Sollte die NO2-Belastung im 2. Halbjahr 2019 nicht wie prognostiziert unter dem EU-Grenzwert von 40 µg/m3 liegen, wird das Maßnahmenpaket verschärft

Darmstadt/Berlin, 14.12.2018: Im Verwaltungsstreitverfahren (4 K 1755/15.WI) für saubere Luft in Darmstadt haben sich die klagenden Parteien Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der ökologische Verkehrsclub VCD mit dem beklagten Land Hessen auf eine Vergleichsvereinbarung verständigt. Danach werden zum 1. Juni 2019 Diesel-Fahrverbote und Fahrspurreduzierungen an der Hügelstraße und der Heinrichstraße in Kraft treten. Auch die Maßnahmen der Stadt Darmstadt zur Förderung des ÖPNV und des Radverkehrs sind verbindlicher Teil der Einigung.

Die DUH und der VCD begrüßen den konstruktiven Dialog mit dem Land Hessen, der zu einem wichtigen Maßnahmenpaket für saubere Luft in Darmstadt geführt hat. Die internationale Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt Klagen für „Saubere Luft“ der DUH.

Wir freuen uns für die Bürger und Besucher von Darmstadt, dass sie ab Sommer nächsten Jahres endlich die ihnen zustehende „Saubere Luft“ einatmen können. Erstmals ist es uns gelungen, mit einem beklagten Land eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, die zudem für den Fall weiterer Grenzwertüberschreitungen eine weitere Nachjustierung beinhaltet. Nach unserer Auffassung werden dann Diesel-Fahrverbote über Euro 5 hinaus umzusetzen sein. Wir wünschen uns, dass dieses Beispiel in anderen Luftreinhalteklagen Schule macht. Auf diesem Weg kann schnell und unkompliziert Rechtssicherheit über Art und Umfang der Diesel-Fahrverbote, aber auch anderer verkehrslenkenden Maßnahmen, erreicht werden“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Wir brauchen nun eine schnelle Hilfe für die betroffenen Besitzer von Euro 5, aber auch Euro 6 Betrugs-Dieseln. Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass alle von Fahrverboten bedrohten Diesel-Halter rechtzeitig ein Hardware-Update im Rahmen eines verbindlichen Rückrufs auf Kosten der Hersteller oder Importeure erhalten.“

Heiko Nickel, Geschäftsführer des VCD Hessen ergänzt: „Mit dieser Einigung muss die Stadt Darmstadt nun umgehend die von ihr bereits beschlossene Förderung von Bus-, Bahn- und Radverkehr umsetzen. Der Vergleich führt zu sauberer Luft und zu mehr ökologischer Mobilität in Darmstadt. Dies stärkt die Stadt und macht sie gesünder und lebenswerter.“

Der Luftgrenzwert für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2), der seit dem Jahr 2010 verbindlich gilt, wird in Darmstadt seit Jahren an der Hügelstraße (72 µg NO2/m³ im Jahresmittel 2017) und der Heinrichstraße (57 µg NO2/m³) überschritten. Der seit dem Jahr 2010 geltende Grenzwert ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 schnellstmöglich, spätestens jedoch 2019, einzuhalten.

In Darmstadt wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass durch Diesel-Fahrverbote keine Grenzwertüberschreitungen an anderen Stellen im Stadtgebiet auftreten werden. Anders als in anderen Städten gibt es nach allen vorliegenden Messungen und Modellierungen in Darmstadt nur an zwei Straßen Überschreitungen der Grenzwerte. Daher konnte sich das Konzept auch auf die Hügelstraße und die Heinrichstraße konzentrieren. Zugleich wurde vereinbart, dass das Diesel-Einfahrtverbot verschärft wird, sollte die NO2-Belastung im zweiten Halbjahr 2019 nicht wie prognostiziert unter dem EU-Grenzwert von 40 µg/m3 liegen. Die DUH und der VCD sehen in diesem Fall keine andere Wahl, als das Fahrverbot auf bestimmte Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 auszudehnen.

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH und den VCD in dem Verfahren vertrat, sagt: „Mit dem jetzt vereinbarten Maßnahmenpaket wird es uns gelingen, den Grenzwert auch in Darmstadt einzuhalten. Ein solcher Vergleich ist ein Novum in unseren Verfahren für saubere Luft. Erstmals haben sich die klagenden Verbände gemeinsam mit der zuständigen Behörde an einen Tisch gesetzt und ausgelotet, was an Maßnahmen möglich und nötig ist. Für den Fall, dass die Luftqualität doch nicht so gut werden sollte, wie durch uns erwartet, haben wir eine weitere Verständigung vereinbart. Dies erspart allen Beteiligten endlose gerichtliche Auseinandersetzungen und fördert auch auf Seiten der Kläger ein Verständnis dafür, dass man es nicht mit renitenten und der Einhaltung des Rechts ablehnenden Behörden zu tun hat, sondern mit Fachbehörden, die im Dialog die Vor- aber auch die Nachteile bestimmter Konzepte erörtern können. Denn eins ist klar: Die Grenzwerte sind seit langem einzuhalten. Alle damit in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen sind spätestens durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 entschieden. Die Vehemenz, mit der sich andere Bundesländer – und leider auch das Land Hessen in dem Verfahren zu Frankfurt – gegen die nötigen Maßnahmen sperren, dient nur der Verfahrensverschleppung. Dies ist unnötig.“

Der Leiter des deutschen Büros von ClientEarth, Hermann Ott, sagt: "Es ist gut, dass das Land Hessen sich für Darmstadt dazu entschieden hat die andauernd schlechte Luftbelastung nicht länger zu ignorieren. Wir hoffen, dass weitere Betroffene einsehen, dass schnell gehandelt werden muss. Unsere Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe dient dem Zweck, den Gesundheitsschutz der Menschen durchzusetzen. Die Schadstoffgrenzwerte für NO2 sind seit 2010 einzuhalten, doch seither ist nicht viel geschehen, um die Menschen zu schützen. Alle Verantwortlichen sollten mittlerweile eingesehen haben, dass ihre bisherigen Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung nicht ausreichend sind und dies vor Gericht keinen Bestand haben wird.“

Die Kläger und der Beklagte haben am gestrigen Tag das Verwaltungsgericht gebeten, den Vergleich zu protokollieren, sodass er rechtskräftig wird.


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